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Perspektivwechsel bei Bürgerbeteiligung an Energie-Infrastrukturprojekten notwendig

Bei den Sächsischen Klimagesprächen der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen (VEE Sachsen e. V.) diskutierte Prof. Dr. Gernot Barth, Leiter IKOME | Steinbeis Mediation, mit sachkundigen Vertretern über Ausbau und Akzeptanz der Energiewende.

Perspektivwechsel bei Bürgerbeteiligung an Energie-Infrastrukturprojekten notwendig

Proteste der Bürger gegen Infrastrukturprojekte zur Umsetzung der Energiewende sind in Deutschland an der Tagesordnung. Bei den Sächsischen Klimagesprächen der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen (VEE Sachsen e.V.) am 14. Juli 2023 ging es um Mittel und Wege, die Akzeptanz der Bevölkerung für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der dafür notwendigen Stromnetze zu fördern.

Bürger als Schrittmacher begreifen

Prof. Dr. Gernot Barth, Leiter IKOME | Steinbeis Mediation, warb für einen Perspektivwechsel bei der Bürgerbeteiligung. „Bürger sind nicht Bremser, sondern Schrittmacher der Energiewende. Sie sind ein Aktivposten. Ihre Potenziale abzurufen, ist für alle ein Gewinn“, so Barth. „Investitionen in eine zeitgemäße Bürgerbeteiligung sind deshalb gut angelegt. Die notwendigen Mittel sind im Vergleich zu den Kosten bei Verzögerungen oder Scheitern der Vorhaben vergleichsweise gering.“

Frühzeitige und umfassende Informationen

Dr. Elisabeth Jüschke, Leiterin Projektentwicklung Wind Ostdeutschland der JUWI GmbH, sprach sich für noch mehr Aufklärung der Bürger aus. „Wir stellen immer wieder fest, dass Bürger auf unseriöse und unzuverlässige Informationsquellen zurückgreifen. Dies fördert Vorurteile und verhindert einen sachlichen Dialog. Hier müssen wir mit frühzeitigen und umfassenden Informationen gegensteuern.“ Die Projektentwicklungsgesellschaft für Windkraftanlagen, Solaranlagen und Hybrid- Kraftwerke betreut in Sachsen zahlreiche Windenergie- und Solarenergie-Vorhaben.

Formelle durch informelle Beteiligungsformate ergänzen

Für Steffen Zerge, Leiter Netzregion Südsachsen bei der Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH (MITNETZ STROM), ist es außerdem wichtig, die formellen Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger im Planungs- und Genehmigungsverfahren durch informelle Beteiligungsformate zu ergänzen. „Wir gehen hier mit gutem Beispiel voran und bieten beim Ausbau unseres Hochspannungsnetzes in der Netzregion Südsachsen Projektwerkstätten an. Hier können die Bürger unter Anleitung von neutralen Sachverständigen von Beginn an ihre Vorschläge einbringen.“ Das Unternehmen ist der größte regionale Verteilnetzbetreiber in Ostdeutschland. Das Netzgebiet erstreckt sich über Teile der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Bürgern im ländlichen Raum Benefit bieten

Dirk Neubauer, Landrat des Landkreises Mittelsachsen, wies in diesem Zusammenhang auf das Stadt-Land-Gefälle bei der Energiewende hin. Der Wandel der Energieversorgung spiele sich vor allem im ländlichen Raum ab. Die Bürger seien hier deutlich stärker betroffen als in städtischen Ballungszentren. Dies müsse bei der Bürgerbeteiligung mehr Beachtung finden. „Wir müssen den Bürgern im ländlichen Raum einen Benefit bieten. Sie müssen das Gefühl bekommen, dass sich die Energiewende für sie lohnt.“ Notwendig seien die Ausweitung der finanziellen Beteiligung an Solarparks und Windparks vor der eigenen Haustür und die Einführung ermäßigter Stromtarife.

Der vollständige Mitschnitt der Sächsischen Klimagespräche ist unter https://www.vee-sachsen.de/artikel/mitschnitt-energiewende-im-lichte-von-ausbau-und-akzeptanz-zum-umgang-mit-buergerprotesten abrufbar.